Hachinger Bachstraße, München
Das kleine Holzhaus in unserer Straße fasziniert mich vor allem aus einem Grund: Man hat es einfach vergessen. Seitdem die Besitzer in den späten 50er Jahren nach Niederbayern verzogen sind, steht es einfach verlassen da. Wenn man die Läden vorsichtig von außen öffnet, liegt noch die Zeitung auf dem Küchentisch und Geschirr und Gläser sind ordentlich im Regal verstaut. Es hat nur zwei Zimmer und eine Küche, aber immerhin auch einen Keller.
Nun steht das Häuschen aber nicht irgendwo in den Außenbezirken: Die U-Bahn-Station ist gerade einmal 200 Meter entfernt und die Trambahn fährt fast an der Haustür vorbei. Alle Grundstücke außen herum sind längst bebaut und werden immer weiter nachverdichtet.
Bei den Nachbarn klingeln regelmäßig Bauträger, die das verwunschenen Schlösschen gerne wachküssen würden, aber es ist nicht zu verkaufen.
Alle Jahre kommt die Besitzerin mal vorbei, sieht nach dem Rechten und beaufsichtigt die Gärtner, die einen Baum fällen oder die Hecke schneiden.
Das Grundstück würde sie nur im Notfall verkaufen. Diese Mentalität, die es auf dem Land noch häufig gibt, wirkt im hektischen München, wo Haus und Hof nur noch Ware und Spekulationsgut sind, wie aus der Zeit gefallen.
Die Stadt ändert sich schneller als die Menschen. Dieses Häuschen erinnert mich oft daran.
Ich würde es vermissen.
Michael Heinrich, München 18.11.2016
zur Person:
Meist sind seine Bilder noch besser als die Häuser, die er fotografiert. Michael Heinrich ist deswegen seit Langem etabliert, wenn es um Architekturfotografie geht. Sein knapper Beitrag steht für sich.
Wir fassen uns auch kurz und sagen schlicht danke.
Das nächste mal: Michael Sebastian Müller, Student