dieses Mal: Stefan Riedel
Rådhuset, Bergen
Nur ein paar Schritte abseits der von kreuzfahrenden und sonstigen Touristen mit Fleiß frequentierten Altstadtbereiche des norwegischen Bergen steht ein zunächst spröde wirkender Verwaltungsbau. Über einen Architekturwettbewerb 1953 entschieden, wurde das Rådhuset (Rathaus) schließlich erst von 1971 bis 1974 errichtet.
Das Haus zeichnet sich für mich nicht allein dadurch aus, dass es als Kind seiner Zeit durchgängig in Sichtbeton (naturbetong) ausgeführt wurde, sondern durch die hochwertige und differenzierte Ausführung der Oberflächen des einen Materials. Der Beton wurde nahezu über alle Flächen mittels speziellem Sandstrahlverfahren behandelt, das der Fassade eine fugenlose Waschbetonoptik verleiht. In der Homogenität entsteht eine ästhetische Wirkung weit jenseits der sonst bekannten Waschbetonplatten. Die Methode der Betonbehandlung wurde 1955 von Viksjø selbst und dem Bauingenieur Sverre Jystad entwickelt und patentiert. Sich abhebend sind die gliedernden vertikalen Fassadenelemente in einer glatten Oberfläche gehalten, die Fensterleibungen unterseitig sind in geschliffenem Beton ausgeführt.Der Umgang mit dem Material Beton und die Entwicklung neuer Verarbeitungstechniken zieht sich durch die Arbeit des Architekten, auf dessen Büro auch die kühne Konstruktion der Tromsøbrücke von 1963 zurückgeht.
Das Rathaus von Bergen hat nicht die Strahlkraft wie seine ikonische große Schwester in Oslo. Es ist eines der Häuser, von denen ich zuvor nichts gehört hatte, die mir unerwartet begegnen, und die mich dann bei näherer Betrachtung faszinieren. Es ein Beispiel für gute Architektur, die aus einer tiefen Kenntnis und einem adäquaten Einsatz eines Materials entsteht.
zur Person:
Stefan und ich treffen uns immer wieder zufällig Samstags im Supermarkt und führen angeregte Gespräche inmitten hektischer Samstagseinkäufer. Seine Häuser entdeckt Stefan auch jenseits der Alltagshektik in seinen Urlauben. Das war schon Stefans zweiter Beitrag. Den Ersten findet ihr / finden Sie hier: Haus des Monats, Juni 2021
Stefan, vielen Dank und bis bald beim „Rewe“!
Siniša „Drago“ Inić