Wohnhaus Zentnerstraße 18, München
von Marcus Schlicht
In München gibt es viele gelungene Wohngebäude. Das Leben in solch einem Haus ist für mich leider unerschwinglich. Daher ist eine Wohnung, die mir den täglichen Blick auf eines dieser Gebäude ermöglicht, ein sehr guter Kompromiss. In meinem Fall handelt es sich um das Wohnhaus in der Zentnerstraße 18 in Schwabing.
Die Architektur in Deutschland der 1990er Jahre wurde von der Postmoderne geprägt, die durch eine Wiederbelebung von historischen Stilen und Elementen gekennzeichnet ist. Viele Gebäude dieser Zeit zeichnen sich durch eine klassische Fassadengestaltung aus, die an vergangene Epochen erinnert. Gleichzeitig wurden vermehrt moderne Materialien und Technologien, wie z.B. Glasfassaden und Stahlkonstruktionen eingesetzt, um den Komfort und die Energieeffizienz der Gebäude zu verbessern.
Das Wohngebäude in der Zentnerstraße, entworfen von Adam + Partner, ist ein Beispiel für diese Architektur. Das vorwiegend aus Maisonette-Wohnungen bestehende Gebäude wurde 1991 mit dem BDA-Preis ausgezeichnet . Die Straßenfassade reiht sich durch ihre weiß verputzte, eher klassische Lochfassade, ganz selbstverständlich in die bebaute Umgebung ein. So richtig spannend wird die Fassade aber erst durch die weit auskragenden Vordächer, die blauen Fensterrahmen, den großzügig verglasten Treppenraum und die vorgehängten Balkone in filigraner Stahlbauweise, die dem Haus eine gewisse Leichtigkeit und Dynamik verpassen.
Wenn die Nacht hereinbricht und die Lichter in den Wohnungen angehen, wird das Leben im Haus sichtbarer. Bilder aus Alfred Hitchcocks „Das Fenster zum Hof“ kommen mir dann in den Sinn: Man sieht Bewohner kochen, Treppen steigen und Karten spielen.
Die Mietergärten, die großzügigen Balkone und die Dachterrassen tragen zum städtischen Wohnen bei, ohne den urbanen Charakter zu beeinträchtigen. Lobenswert finde ich auch die Integration von Künstlerateliers, die an eine lange Tradition in Schwabing anknüpften. Die Bayerische Rückversicherung stellt diese Ateliers als Bauherr auf Zeit zur Verfügung.
Das Gebäude erinnert ein wenig an die Architektur von Theo Hotz. Nicht verwunderlich ist daher, dass Hotz und auch Doris Thut Teil der Jury zur Prämierung des BDA-Preises 1991 waren. Prof. Jürgen Adam, der Leiter des Architekturbüros Adam + Partner, lehrte von 1994 bis 2005 als Professor für Entwerfen und Konstruieren an der Universität in Stuttgart.
Das Wohngebäude in der Zentnerstraße 18 verbindet klassische Elemente mit modernen Materialien, setzt neue Technologien ein und trägt durch die Integration von Künstlerateliers zur Förderung der künstlerischen Arbeit bei. Insgesamt ist es ein gelungenes Beispiel für die Architektur der 1990er Jahre in Deutschland und ist deshalb – mein Haus des Monats.
zur Person:
Marcus hat in Weimar an der Bauhaus Uni den Bachelor und dann in München an der TU und an der EPF in Lausanne den Master für Architektur absolviert.
Momentan arbeitet er mit Akribie, erstaunlichem Sachverstand und vor allem kritikoffenem Ohr bei Max Otto Zitzelsberger an mehreren kleinen Stahlbauten. Und ich bin mir sicher, dass er sich von der Zentnerstraße für so manches Stahlbaudetails inspirieren hat lassen. Ich finde, das spricht sehr für Ihn.
Wir wünschen Marcus weiterhin diesen uneingetrübten Blick auf gute Häuser und bedanken uns für seinen Beitrag.
Tolles Haus und eine super Referenz. Vor allem der Dachabschluss und die eingeschnittenen Dachterrassen.