Siedlungshaus
Das Siedlungshaus habe ich in einer kleinen oberbayrischen Gemeinde entdeckt. Ich mag diese Häuser, da scheinbar reine Rationalität zum Entstehen verantwortlich war. Das Haus entstand Anfang der 1950er Jahre und wird noch bewohnt. Eigentlich schade, dass es – wie ich erfahren hatte – bald durch einen Neubau ersetzt werden soll.
„Bei einem Siedlungshaus handelt es sich in der Regel um ein einfach gebautes eineinhalbstöckiges Haus mit geringer Wohnfläche auf einfachem Standard, sowie mit einem großen Nutzgarten zur Selbstversorgung und Existenzsicherung, teilweise auch mit kleinem Stall zur Haltung von z.B. Hühnern und einem Schwein. Bei Siedlungshäusern handelt es sich häufig um Typenbauten. Meistens sind es freistehende Einzel- oder Doppelhäuser mit Satteldach. Siedlungen mit Siedlungshäusern (Kleinsiedlung) wurden besonders nach dem Ersten Weltkrieg, zwischen den 1920er und 1950er Jahren als Standardsiedlungen oder auch am Rand von Dörfern erstellt. Diese Siedlungen waren teils für Erwerbslose, andere Menschen mit geringem Einkommen oder (nach dem Zweiten Weltkrieg) für Flüchtlinge aus den ehemals deutschen Ostgebieten errichtet. Teils handelte es sich auch um Werksiedlungen. Oft wurden sie auch in Selbsthilfe erstellt. Siedlungshäuser, zusammen mit den kleinen landwirtschaftlich genutzten (Nebenerwerb zur Sicherung des Existenzminimums) Nebengebäuden und dem großen Grundstück werden auch Siedlungsstellen genannt. Die Siedler, die zugleich Nutzer und Eigentümer der Siedlungstellen waren / sind, schlossen sich häufig zu Siedlergemeinschaften zusammen.Heute werden die ehemaligen Stall-Gebäude und Grundstücke in der Regel nicht mehr vorrangig zur Selbstversorgung verwandt.“
- aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
- Schuster, F. (1925): Ein eingerichtetes Siedlungshaus. Frankfurt am Main.
Tobias Eckert, Stabsstelle Bauwesen, AWO München
Zur Person:
Ich kenne Tobias Eckert seit unserer gemeinsamen Zeit an der Akademie und kenne auch aus dieser Zeit seine städtebaulichen Thesen und Beiträge. Aus diesem Grund dachte ich, dass er als Haus des Monats einen „urban motherfucker“ aus dem Hut zaubert und die Reihe der kleinen Häuser in unserer Rubrik unterbricht oder gar beendet. Er hat sich jedoch die Typologie des Siedlungshauses ausgesucht, für dessen Entstehung „scheinbar reine Rationalität“ verantwortlich war, wie er sagt. Offensichtlich gibt es in unserer Kollegenschaft momentan einen erhöhten Rede- und Diskussionsbedarf zu diesen einfachen Häusern und Bautypologien, die langsam von der Bildfläche zu verschwinden drohen.
Sie bieten Lösungsvorschläge zu gesellschaftlichen Aufgabenstellungen, mit denen wir uns gegenwärtig auseinandersetzen müssen. Vielleicht nicht auf der städtebaulichen, aber gewiss auf der programmatischen Ebene.
Tobi, danke für Deinen Beitrag!
Siniša „Drago“ Inić, München, 31.01.2017
Das nächste Haus des Monats wird vorgestellt von:
Franz Wimmer