dieses mal: Andreas Janotta
Sala de Conciertos, Biblioteca Luis Ángel Arango in Bogotá, Kolumbien
Was bleibt einem reisenden Musikmanager an Konzertsälen im Gedächtnis? Erstaunlich wenig – oft sieht man Stadthallen- oder Multifunktionsbauten, die wenig architektonische Wunder erwarten lassen, geschweige denn akustische. (Es sei denn man fährt nach Japan)
Doch es gibt sie, diese Konzertarchitektur-Highlights, in denen Raum, Klang und Live-Atmosphäre auf großartige Weise ineinanderfließen. Nicht immer sind es die Hochglanzsäle, in denen das passiert, und oft sind historische Orte einen Hauch im Vorteil.
Ich möchte von der Sala de Conciertos in der Biblioteca Luis Ángel Arango in Bogotá, Kolumbien berichten, einem Saal, der mich völlig unerwartet und nachhaltig beeindruckt hat. Erbaut wurde der Gesamtkomplex Anfang der 60er-Jahre in drei Etappen vom kolumbianischen Büro Esguerra, Sáenz y Samper, speziell der Konzertsaal (1966) wurde entworfen von Germán Samper. Bau- und Hausherr ist die kolumbianische Zentralbank, die die ehrenvolle Aufgabe hat, landesweit öffentliche Bibliotheken, Konzertreihen, Bildungsprogramme und Museen zum historischen Erbe (z.B. Gold) zu betreiben.
Man betritt den Kammermusiksaal mit ca. 300 Plätzen tangential über einen leicht gebogenen Zugang und findet sich in einem Schmuckkästchen wieder: Die strahlenförmige Holzdecke und Wandverkleidung lassen an ein Himmelsgewölbe denken und suggerieren die Assoziation von „großer Oper“, ohne überwältigend zu wirken; man fühlt sich wohl und aufgehoben. Die 300 individuellen Sitzplätze sind schwarze Ledersessel, wie sie ein Münchner Feinschmecker in ähnlicher Form und Menge nur aus dem Restaurant „Tantris“ kennt. Man muss – vielmehr darf – stillsitzen, denn das Leder quietscht ein wenig. So hat man Zeit für die Musik und die Beobachtung des ovalen Raumes mit seinem zweifach gewölbten Fußboden. Seine akustische Präsenz verdankt der Saal dem großen Klangvolumen, das sich zur Hälfte oberhalb der abgehängten Holzdecke fortsetzt. Musikalisch bleiben keine Wünsche offen.
Auch die Auseinandersetzung mit Germán Samper Gnecco (1924-2019) hat mich im Nachgang sehr inspiriert: In den 50er-Jahren war er im Team von Le Corbusier und zählte danach zu den führenden Architekten in Kolumbien. Er spielte selbst Klavier und war ein begeisterter Skizzenmaler. Seine lebenslangen Anliegen und Arbeitsgebiete waren Stadtentwicklung und Wohnungsbau.
Zur Person: Andreas Janotta ist ursprünglich Physiker und arbeitete einige Jahre in der Industrie, zuletzt als Unternehmensberater. 2008 machte er seine Leidenschaft für Musik zu seinem Beruf und vertritt inzwischen als Künstlermanager klassische MusikerInnen und Kammermusikensembles – Und das mit großer Leidenschaft, äußerster Hingabe und innerster Überzeugung. Das durfte ich selbst erleben.
Wir wünschen Andreas viele weitere Entdeckungen solcher Konzertsäle.