von Thomas Gerstmeir
Zuschauertribüne in Avezzano, Abruzzen, Italien
Ich weiß nicht genau, welchem Sport auf dieser Tribüne zugeschaut wird. Das ist auch egal. Faszinierend ist nämlich vor allem wieder der spielerische und unkomplizierte Umgang mit der baulichen Aufgabe, auf engsten Raum eine Tribüne zu bauen – und das möglichst günstig und einfach. An das in Deutschland so übliche „Verstecken“ von Konstruktionselementen und Installationen wurde hier kein einziger Gedanke verschwendet. Wichtig war der Zweck – und die gewagte Auskragung über die Straße. So ragt die Konstruktion frei in den öffentlichen Raum ohne auch nur ein gefühltes Kilo Material leichtfertig zu verschwenden. Die Konstruktion ist so stur, dass sie sich wunderbar als Aufgabe einer Statikprüfung eignen würde. Kein „Angsteisen oder Zauberstab“ drängt sich unangenehm auf. Hier hat jemand sehr scharf gerechnet.
Und bei uns? Undenkbar bis sträflich – moralisch fast verwerflich – würde dieses „Ding“ wohl von vielen Kollegen und Bauherren abgestempelt werden. Manche dieser behaupten, allein die trockene Witterung macht es den Italienern möglich, so zu bauen und schmälern damit die Leistung.
Na, dann haben wir in Deutschland wohl bald die Chance, genauso bauen zu können. Ich bin gespannt, obwohl ich zugeben muss, das ich nicht allzu großer Hoffnung bin.