dieses mal: Alexander Mühlbauer
Lagerhalle Kemeter in Eichstätt, 1995
Hild & Kaltwasser
Was mich an diesem Gebäude fasziniert, ist seine Fähigkeit, aus der Notwendigkeit heraus ein architektonisches Meisterwerk zu schaffen. Ein Bau, der durch Klarheit und Präzision besticht und dabei die Möglichkeiten der Architektur aufzeigt, selbst in den unscheinbarsten Aufgaben Großartiges zu leisten.
Ein Farbenlager am Rand eines Gewerbegebiets, wo das Schwemmland der Altmühl Bauland wurde, das gestalterisch kaum Erwartungen weckt – und doch gelingt es eine Wirkung zu erzeugen, die weit über die reine Funktion hinausgeht.
Die Fassade, ein Spiel aus Betonfertigteilen, ein zufälliges Spiel, das doch von kluger Komposition erzählt. Eine horizontale Tastatur, ein kalkuliertes Relief aus Licht und Masse, dessen Rhythmus sich je nach Tageszeit verändert.
Innen ist alles zweckmäßig – und genau darin liegt das Geniale. Regallager, Verkaufsraum, Bürotrakt: funktional, präzise, unprätentiös. Die Rippen der Spannbetonbinder erscheinen nur dort, wo keine Regale sie verdecken. Der rohe Pragmatismus wird zur stillen Poesie des Alltags.
Selbst die Farbverweigerung ist hier nicht Provokation, sondern Konsequenz: Farbe bleibt dem Inneren überlassen – dort, wo sie in Eimern und Dosen lagert, verkauft und gebraucht wird.
Alle Materialien – Porenbeton, Ortbeton, Stahl, Glas – zeigen sich unverstellt in ihrer Eigenfarbigkeit. Keine Beschichtungen, keine dekorativen Gesten. Nur Materialehrlichkeit. Nur Klarheit.
Diese Halle ist ein Manifest für eine Architektur, die sich aus der Aufgabe entwickelt. Eine Architektur, die nicht gefallen will, sondern Bedeutung schafft. Wer sie besucht, erkennt, dass gutes Bauen auch dort möglich ist, wo es niemand erwartet – und vielleicht gerade deshalb dort besonders notwendig ist.
Alexander Mühlbauer
Zur Person:
Alexander Mühlbauer (1998) ist ein deutscher Architekt. Er fand über seinen Vater zur Architektur und studierte bis 2024 Architektur an der Hochschule München und an der Technischen Universität München. Er praktizierte in Deutschland und in der Schweiz und arbeitet seit 2021 mit seinem Vater und Bruder als BÜRO MÜHLBAUER zusammen. 2023 lehrte er als Hilfsassistent bei Ass. Prof. Andreas Putz an der TU München und seit 2025 als Assistent bei Prof. Maurus Schifferli am Karlsruher Institut für Technologie. 2025 schrieb er einen Beitrag im Bündner Monatsblatt.