dieses Mal Dennis Nägeli
Salzsilo, Hochtal Wildschönau, Tirol
In meiner bisherigen Lebenszeit bin ich grob geschätzt schon 500mal an diesem großen, dunklen Klotz vorbeigefahren. Anfangs ist mir das Gebäude natürlich nicht sonderlich aufgefallen, es hat mir auf unseren Wochenendausflügen lediglich einen guten Anhaltspunkt gegeben, dass wir bald am Ziel angelangt sind.
Mit Beginn des Architekturstudiums wich das anfängliche Desinteresse einer heimlichen Bewunderung und ich freute mich jedes Mal aufs Neue wenn ich die kurze, kurvenreiche Zufahrtsstraße von Wörgl im Inntal hinauf in das Hochtal Wildschönau fuhr. Am Ende des steilsten Teilstückes und kurz vor der ersten Ortschaft steht dieser unscheinbare schwarze Baukörper, in dem das Salz für den Winterdienst der Gemeinde gelagert wird.
Mit ca. 15m breite, 10m Höhe und lediglich 5m Tiefe hat das Gebäude eher ungewöhnliche, aber durchaus stattliche Ausmaße, was vor allem der topographischen Lage an einem steilen Hang geschuldet ist. Ein asymmetrisches Satteldach, dessen längere Seite dem Hangverlauf folgt und eine schlichte vertikale Dreiteilung der Fassade, die auf die Dreigeschossigkeit im Inneren hinweist sind Details, die erst beim genaueren betrachten ins Auge stechen und ebenso schön wie schlüssig sind. Eine kleine und steile Erschließungsstraße führt vom Erdgeschoss hinauf zum obersten Geschoss, von dem aus die beiden Silos im mittleren Geschoss bestückt werden. Auf Straßenniveau befinden sich große Schiebeelemente, die das Gebäude im Winter großzügig öffnen, um das Salz aus den Silos in die Räumfahrzeuge zu verladen. Im Sommer sind die Elemente stets geschlossen, das Gebäude verschwindet dann aufgrund der dunklen Holzfassade fast gänzlich im Wald.
Auf mich haben solch einfache Zweckbauten schon immer eine große Anziehungskraft gehabt. Das Salzsilo erinnert mich immer wieder daran, dass in jeder noch so kleinen und einfachen Bauaufgabe auch stets ein großes Potenzial schlummert und durch jedes Gebäude auch ein Stück weit der Ort, an dem es steht, verbessert werden kann. Für mich ist das Silo nach wie vor eine Art Orientierungshilfe, die mir signalisiert, dass nun endlich meine Urlaubszeit beginnt.
Zur Person:
Dennis Nägeli ist ein Selbsttäter, wie wir Leute nennen, die uns unaufgefordert einen Beitrag aus Überzeugung schickte. Das finden wir besonders toll und ermutigt uns aufs Neue. Und wenn dann auch noch so ein Schmuckstück rauskommt, um so mehr.
Herr Nägeli studierte an der Hochschule München und arbeitet mittlerweile als Architekt in Ismaning.
Wir danken für den Beitrag.
Thomas Gerstmeir, 15.11.22