Dezember 2023

dieses Mal Helen-Maja Rudolph, Marcus Schlicht und Mirko Haselroth
De zwarte Madonna (1985 – 2007) von Carel Weeber: Eine Abrissgeschichte

Die letzten Monate der Serie „Haus des Monats“ widmeten sich Gebäuden, die vom Abriss bedroht sind. Diesen Monat nehmen wir eine retrospektive Perspektive ein und präsentieren ein Haus, das bereits abgerissen wurde: Die „Schwarze Madonna“ in Den Haag wurde 1985 vom niederländischen Architekten Carel Weeber entworfen und 2007 abgerissen. Sie gilt als Symbol für die kontroversen und lebhaften Debatten um den sozialen Wohnungsbau und ist vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Wohnungsbaukrise aktueller denn je.

Die „Schwarze Madonna“ beherbergte 336 Sozialwohnungen in zentraler Lage von Den Haag. Den eingängigen Namen hat das Gebäude der mit schwarzen Fliesen gerasterten Fassade zu verdanken. Spricht Weeber über seine Projekte, stellt er stets Pragmatismus, ökonomische Zwänge und Produktionsbedingungen in den Vordergrund. „Well quite simple, the colours were made in the factory“, sagt er in einem Interview mit Job Floris und Hans van der Heijden im Jahr 2022 – die Fliesen habe es eben so in den Produktionsstätten gegeben, die dicken Fugen zwischen den Fertigteilen hätten die Baukosten zusätzlich reduziert. Seine Gebäude werden deshalb oftmals als „unbeholfen“ und „grob“ kritisiert, sein Einsatz von Farben sei „alles andere als subtil“. 1997 wurde er von Kolleg:innen in einer Umfrage zum „schlechtesten Architekten“ der Niederlande erklärt. Als Professor an der TU Delft setzte er sich gegen die „nieuwe truttigheid“ (neue Spießigkeit) des ausgehenden 20. Jahrhunderts ein und befürwortete großmaßstäblichen Wohnungsbau mit Beteiligung der Bewohnerschaft und innovativen Grundrissen – Ansätze die auch heute noch zeitgemäß sind. Mit dem Abriss der „Schwarzen Madonna“, der von heftigen Protesten der „letzten Madonnikanern“ begleitet wurde, unterlag Weeber seinen Kritikern. Heute befindet sich auf dem Grundstück das von Kollhoff und Pols entworfene niederländische Justiz- und Sicherheitsministerium. Weeber lebt auf der Karibikinsel Curacao und bezeichnet sich als „Ex-Architekt“. Schade.

 

Zur Autorenschaft:

wurzelsieben sind Helen-Maja Rudolph, Mirko Haselroth und Marcus Schlicht. Mirko ist seit diesem Jahr Regierungsbaumeister. Helen und Marcus haben die letzten Jahre für Büros in München und in der Schweiz gearbeitet. Vor Kurzem haben Sie gemeinsam mit menu surprise den offenen Realisierungswettbewerb Freimundo der Genossenschaft Kooperative Großstadt gewonnen. Wir wünschen viel Erfolg weiterhin und sind natürlich sehr gespannt.

Architekturbüro wurzelsieben

 

 

Foto: © Piet Rook | Haags Gemeentearchief

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