Juni 2022

von Thomas Gerstmeir
Urnenhöfe im Cimitero Monumentale Verano, Rom

Eigentlich sind es ja ganz viele, sehr kleine Häuser, die diesen Friedhofsteil in Rom formen. Unzählige Urnengräber, Grüften und Nischen sind hier – einem industriellen Hochregal durchaus nicht unähnlich – aufgestapelt und bilden sozusagen die Stützwände gegen die umgebende Topografie. Wieder einmal zeigt sich dabei das unvergleichliche Talent der Italiener zur beiläufigen und gleichzeitig monumentalen Übersummenwirkung.
Dabei wirkt der Ort trotz dieser Logistik nicht entwertet: Jedes noch so kleine übrige Eckchen wird für Schreine und Minialtäre genutzt. Jede topografische Begebenheit wird als Möglichkeit zur Brechung der Ordnung gesehen. Die Einbettung in den Grünraum wird durch eine Bescheidenheit in der räumlichen Inanspruchnahme – im Einzelnen wie im Ganzen – gewährleistet.
Die konsequente Anordnung um einen Gemeinschaftsraum schafft einen knallharten Hof mit unglaublicher Akustik, abgekühlter Temperatur, absurder Perspektive und angenehm endgültiger Wirkung. Natürlich ist die Ausdehnung des Hofes so lang wie möglich, schließlich braucht man viel Umfang bei wenig Fläche. Endgültig einzigartig aber sind Verbindungsgänge, die wie Tunnel durch die Hügel führen. Natürlich nicht ohne auch hier wieder jede Ecke für Grüften zu nutzen.
Ich gebe zu: es ist ein skurriles Unterfangen, auf Reisen Friedhöfe touristisch zu besuchen. Im Falle des Cimitero Monumentale Verano kann ich es aber nur empfehlen. Um die Ecke ist übrigens das Casa Economica ICP S. Ippolito II von Innocenzo Sabbatini zu finden. Mehr bald dazu.

Foto: Thomas Gerstmeir

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