März 2016

Palacio de Congresos y Exposiciones de León, Spanien
Dominique Perrault

Wenn man von Madrid aus nach Norden fährt sind es etwa 300 km bis nach León. Dort, kurz vor der Sierra Cantabrica, liegt die Stadt mit etwa 150.000 Einwohnern, die inzwischen durch den Jakobsweg, der hier durchführt, auch bei uns ziemlich bekannt geworden ist. Wenn man noch eine Stunde weiter nach Norden fährt, ist man bereits am Atlantik. Obwohl es hier noch recht flach ist, wird León eher den Bergen zugerechnet als zur Meseta, das meinen zumindest die Einheimischen. An dem Tag, an dem ich das Projekt von Perrault besichtigt habe, war es jedenfalls ziemlich eisig.

Bei dem Projekt, das ich hier vorstellen möchte, handelt es sich um ein Messe- und Konferenzzentrum, das allerdings derzeit noch im Bau ist. Die Renovierung der alten Zuckerfabrik, in der im Wettbewerb unter anderem ein Auditorium geplant war, ist auch Teil der Gesamtanlage. Die Baustelle dauert jetzt schon viel länger als ursprünglich vorgesehen, trotzdem wird es konstant gebaut und die Messehalle soll tatsächlich irgendwann auch mal fertig werden. Für die Renovierung der Zuckerfabrik fehlt jetzt allerdings das Geld. Die Bauverzögerung hängt natürlich mit der spanischen Baukrise zusammen. Nur durch die längeren Laufzeiten der Kredite war das Projekt überhaupt zu finanzieren. Dass sie die Realisierung überhaupt schaffen, ist schon eine große Leistung für die kleine Stadt, denn zwischendurch war das Projekt nahe am Abgrund. Die Leóneses, so heißt es, sind Kämpfer.

2005 gewann Perrault  den Wettbewerb in einem internationalen Teilnehmerfeld mit Starbesetzung. Die Stadt wollte sich offensichtlich selber übertreffen. Vielleicht haben sie sich damals auch etwas übernommen, zumindest war das meine Befürchtung. Ein Architekt aus Paris passte jedenfalls genau in das ambitionierte Konzept. Man muss sagen, was derzeit entsteht, ist einfach großartig.

Im Wettbewerb schlug Perrault ein mehrfach gefaltetes Dach auf 3 pylonartigen Stützkonstruktionen mit einer Gesamtlänge von über 220 m vor. Das Dach soll vollflächig mit Solarpaneelen belegt werden. Die Fassade ist mehrschichtig konzipiert mit innenliegendem textilen Sonnenschutz und muss als Teil der Tragkonstruktion verstanden werden. Prinzip tragende Außenwand! Die ganze Konstruktion bleibt unverkleidet und komplett schwarz, der textile Behang zwischen den Glasebenen wird knallig orange. Wenn man das Gerippe so sieht, denkt man an einen Flugzeughangar, vielleicht auch einen Flugzeugträger oder den Eiffelturm; nur liegend. Trotz des enormen Maßstabs wirkt das Gebilde für mich nicht wie ein Fremdkörper, sondern eher stabilisierend im heterogenen Umfeld. Auf jeden Fall sieht das Projekt ziemlich französisch aus.

Hohe Ingenieurskunst, radikal modern mit puristischen Details, soweit man das jetzt schon sehen kann, aber eben auch nicht ohne Poesie. Die geometrischen Brechungen wirken sehr feinfühlig.

Perrault sagt, die Dachfaltung sei von der Silhouette der Leóneser Berge inspiriert. Von der  Projektleiterin der Stadt habe ich gehört, wenn er ab und zu hierher in die Provinz fährt, soll er ziemlich begeistert sein über sein Werk und selber auch ein bisschen überrascht.

Martin Klein, steidle architekten

 

Zur Person:
Mein letztes Projekt bei steidle architekten habe ich gemeinsam mit Martin Klein gemacht und noch vieles mitgenommen, das sich im Nachhinein als wertvoll herausgestellt hat. Eigentlich war mir klar, dass Martin Klein als „Ibero-Schwabe“ sein Haus des Monats in seiner Zweitheimat Spanien gefunden hat. Von seinen regelmässigen Fahrten nach Spanien bringt er viele Eindrücke und gebaute Beispiele mit, die er in seinen Häusern verarbeitet. In einem dieser Häuser wohne ich mit meiner Familie …
Danke für Deinen Beitrag.

Siniša „Drago“ Inić, München, 29.02.2016

Das Haus des Monats April wird vorgestellt von:
gerstmeir inić architekten