Sandstraße 25, München, Maxvorstadt
Beim Haus des Monats auf Eurer Webseite denke ich immer wieder an die „Perlen“*, ein Buch- und Ausstellungsprojekt von 2010, bei dem Marco Goetz und Nicola Borgmann 45 Münchner Architekten in die Architekturgalerie München eingeladen hatten, in einer „ganz einfachen Versuchsanordnung und unwissenschaftlicher Herangehensweise, begleitet von zwei bekannten Architekturfotografen, die architektonischen ‚Perlen’ Münchens auszusuchen und eine Art architektonischer Wunderkammer zu bilden…“. Und schon damals stellte sich die stille Frage: „Ist es noch wie zuletzt? Und tatsächlich: Eines Tages stehen da Bauzaun und Gerüst und der Flaneur ahnt, dass es zu spät ist, um das eine Bild zu machen, das seine Passion für immer festgehalten hätte…“
Und so erging und ergeht es in den nächsten Jahren einigen dieser „Perlen“. Nicht nur der Tunnel des Altstadtrings, den unsere Kollegen von PALAIS MAI wegen seines großartigen Innenraums ausgesucht hatten, wird – wie damals schon befürchtet – nun mit Sicherheit zerstört werden.
Auch unsere persönlichen Perlen von damals teilen das gleiche Schicksal. Mein damaliges „Haus des Monats“ an der Karl-Theodor-Straße 55 ist mittlerweile von einer neuen, banalen Fassade überformt und das feine Spiel der Proportionen und Materialien ruiniert. Gut, dass wir das Bild gemacht hatten. Auch das Wohn- und Geschäftshaus an der Sandstraße 25 in der Münchner Maxvorstadt, die Perle des damaligen Initiators dieser Wunderkammer, meines Büropartners Marco Goetz, wird demnächst verschwinden. Grundstück verkauft, Vorbescheid gestellt usw. – kann man bereits in der Lokalpresse lesen. So haben wir beide unsere Perlen verloren. Also ein Grund mehr, dieses Haus wiederum in den Fokus der Aufmerksamkeit zu stellen und zu besuchen, bevor es endgültig Erinnerung wird. Ein einfaches, „normales“ Haus, das in seiner Einfachheit besonders ist.
Matthias Castorph, 21. August 2016
*„Perlen“, herausgegeben von Marco Goetz und Nicola Borgmann, München 2010
Franz Schiermeier Verlag, Grafik: 2x Goldstein, Fotos: Michael Heinrich, PK Odessa, ISBN 978-3-9813190-5-7
leider vergriffen
zur Person:
Ertappt?
Ganz unrecht hat Matthias Castorph mit dem Bezug zu den „Perlen“ nicht. Im Grunde ist das Haus des Monats so zu verstehen.
Als Kollege schätze ich zum einem die Tiefe seiner theoretischen Beschäftigung mit der Architektur. Man denke hier nur an das kleine Büchlein mit den Fischer-Vorträgen. Zum anderen ist er einer der Architekten, die verstehen, diesen theoretischen Hintergrund baulich umzusetzen. Beweis dafür ist eine seiner Perlen: Das Haus und die Orgel für einen Musiker in Berg.
Uns freut sein Beitrag außerordentlich. Und wir hoffen, dass er weiterhin viele Möglichkeiten bekommt, uns mit seinen „Perlen“ zu bereichern.
Thomas Gerstmeir, 21. August 2016
Das nächste Haus des Monats wird vorgestellt von Stefan Resch, Architekt bei Steidle Architekten