Upcycling in eigener Sache

Einfach mal drauf los sanieren? Übrig gebliebene Musterfenster verwenden, geerbtes Material verarbeiten? Eigentlich – zumindest in meiner frühen Sozialisation als Architekt – eher schwierig bis unaussprechlich bis schlichtweg verboten. In der neueren Architekturdiskussion Gott sei Dank endlich wieder ein großes und willkommenes Thema.

So der theoretische Unterbau zu einem rein handwerklichen DIY-Projekt – mit viel Lernerfolg, Schmerzen und Spaß.

Das Haus war komplett unsaniert – sprich also auch nicht verunstaltet. Es gab schlicht nichts, was komplett ausgetauscht oder erneuert werden musste, mit Ausnahme der Dachdeckungen und ein paar Meter Kanal. Alle Bauteile konnten aufgearbeitet werden. Eine moderne Heizung mit Wärmepumpe und Tiefenbohrung machts mittels Heizkörper mollig warm im Winter. Im Sommer gibt es keine Überhitzungsprobleme, weil die Raum- und Fensterproportionen so gut aufeinander abgestimmt sind, dass eine Überhitzung fast nie vorkommt – manchmal ist das Dachgeschoss etwas wärmer als üblich.
Der Schuppen wurde in jahrelanger Eigenarbeit gerettet und zu einer Werkstatt und einem Büro umgebaut. Dabei fanden im Sinne des Upcycling-Gedankens Musterfenster aus dem Büro und geerbtes Material Verwendung.
Die Aussenanlagen sind in liebevoller und angemessener Unterstützung der Natur überlassen worden. Einzige bauliche Maßnahme im Aussenbereich war eine große Zisternenanlage mit 13.000 Liter Wasservolumen im Hof. Größte Erkenntnis: Bäume sind wirklich Freunde. Pflanzen überhaupt, auch das Unkraut.

All diese Ideen sind – zumindest in meinem Fall – keine hohlen Phrasen. Low-Budget und Low-Tec tragen in diesem Fall zu einem erstaunlich handfesten Erfolg bei. Der Wunsch der Hausbesitzerin, dass Haus soll „danach genau so aussehen wie davor“ war für ein Architektenhirn erstmal eine Einschränkung. In seiner philosophischen Idee jedoch eine klare Richtschnur.
Was bleibt: ein Haus, das das Motto „Schaffe, schaffe, Häusle bauen“ in seiner typischen Nachkriegsausprägung konserviert. Vielleicht mit Augenzwinkern sogar etwas auslebt. Leider ist es das letzte Original-Haus dieser so typischen und mittlerweile stark überformten Nachkriegssiedlung – und somit ein Beitrag zum „formlosen Denkmalpflege“ aus Eigenverantwortung.

Wir haben sehr viel gelernt. Die wichtigste Erkenntnis: Nachhaltigkeit und Upcycling ist vor allem eine kulturelle Frage und auch jahrhundertelange Methode. Die ökologischen und ökonomischen Vorteile daraus, ergeben sich dann von ganz alleine. Unser öffentlicher Diskurs krankt an einer falschen Priorisierung.

Die „Alten“ waren alles andere als blöd. Zumindest verfielen sie nicht der Bequemlichkeit, Schwächen im Entwurf durch Technik lösen zu wollen.

Fotografien: Henning Koepke, München

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Upcycling in eigener Sache

Einfach mal drauf los sanieren? Übrig gebliebene Musterfenster verwenden, geerbtes Material verarbeiten? Eigentlich – zumindest in meiner frühen Sozialisation als Architekt – eher schwierig bis unaussprechlich bis schlichtweg verboten. In der neueren Architekturdiskussion Gott sei Dank endlich wieder ein großes und willkommenes Thema.

So der theoretische Unterbau zu einem rein handwerklichen DIY-Projekt – mit viel Lernerfolg, Schmerzen und Spaß.

Das Haus war komplett unsaniert – sprich also auch nicht verunstaltet. Es gab schlicht nichts, was komplett ausgetauscht oder erneuert werden musste, mit Ausnahme der Dachdeckungen und ein paar Meter Kanal. Alle Bauteile konnten aufgearbeitet werden. Eine moderne Heizung mit Wärmepumpe und Tiefenbohrung machts mittels Heizkörper mollig warm im Winter. Im Sommer gibt es keine Überhitzungsprobleme, weil die Raum- und Fensterproportionen so gut aufeinander abgestimmt sind, dass eine Überhitzung fast nie vorkommt – manchmal ist das Dachgeschoss etwas wärmer als üblich.
Der Schuppen wurde in jahrelanger Eigenarbeit gerettet und zu einer Werkstatt und einem Büro umgebaut. Dabei fanden im Sinne des Upcycling-Gedankens Musterfenster aus dem Büro und geerbtes Material Verwendung.
Die Aussenanlagen sind in liebevoller und angemessener Unterstützung der Natur überlassen worden. Einzige bauliche Maßnahme im Aussenbereich war eine große Zisternenanlage mit 13.000 Liter Wasservolumen im Hof. Größte Erkenntnis: Bäume sind wirklich Freunde. Pflanzen überhaupt, auch das Unkraut.

All diese Ideen sind – zumindest in meinem Fall – keine hohlen Phrasen. Low-Budget und Low-Tec tragen in diesem Fall zu einem erstaunlich handfesten Erfolg bei. Der Wunsch der Hausbesitzerin, dass Haus soll „danach genau so aussehen wie davor“ war für ein Architektenhirn erstmal eine Einschränkung. In seiner philosophischen Idee jedoch eine klare Richtschnur.
Was bleibt: ein Haus, das das Motto „Schaffe, schaffe, Häusle bauen“ in seiner typischen Nachkriegsausprägung konserviert. Vielleicht mit Augenzwinkern sogar etwas auslebt. Leider ist es das letzte Original-Haus dieser so typischen und mittlerweile stark überformten Nachkriegssiedlung – und somit ein Beitrag zum „formlosen Denkmalpflege“ aus Eigenverantwortung.

Wir haben sehr viel gelernt. Die wichtigste Erkenntnis: Nachhaltigkeit und Upcycling ist vor allem eine kulturelle Frage und auch jahrhundertelange Methode. Die ökologischen und ökonomischen Vorteile daraus, ergeben sich dann von ganz alleine. Unser öffentlicher Diskurs krankt an einer falschen Priorisierung.

Die „Alten“ waren alles andere als blöd. Zumindest verfielen sie nicht der Bequemlichkeit, Schwächen im Entwurf durch Technik lösen zu wollen.

Fotografien: Henning Koepke, München

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